Zum Inhalt springen

Abo-Dienstleister Steady: Gekommen, um zu bleiben

Die Steady-Kampagnen-Seite des Social-Media-Watchblogs

Freie Journalisten tun sich gerade online oft schwer, zahlende Kunden für ihre Inhalte zu finden. Und wenn, nimmt die Buchhaltung dafür viel Zeit in Anspruch. Diese beiden Probleme will Steady mit einer praktischen Abo-Verwaltung lösen. Das Angebot hat zuletzt auch Netz-Prominenz wie das Bildblog, Übermedien und den Postillion angezogen. Bernd Oswald hat sich genauer angesehen, wie Steady funktioniert und wie die Zwischenbilanz nach einem Jahr ausfällt.

Am Anfang waren die Krautreporter. 2012 gründeten Sebastian Esser und Philipp Schwörbel das Crowdfunding-Portal für Journalisten. Für zeitlich beschränkte Projekte funktionierte das einigermaßen gut. Aber ständig neue Werbekampagnen starten zu müssen, ermüdet auf Dauer auch den engagiertesten Journalisten. Deswegen wandelten die beiden Gründer Krautreporter in ein mitgliederfinanziertes Onlinemagazin um, für das jedes Mitglied einen festen Jahresbeitrag zahlt. Das Abo-Prinzip wollen Esser, Schwörbel und zwei Kollegen generell in der Medienbranche etablieren: mit Steady.

1. Für wen ist Steady gedacht?

Steady ist ein Dienst, über den Publisher verschiedene Arten von Abonnements anbieten können. Steady übernimmt dabei die komplette Verwaltung rund um das Abo: korrekte Rechnungen für die Abonnenten, Abrechnung mit Zahlungsanbietern und natürlich eine monatliche Überweisung an den Publisher selbst. Der Preis: zehn Prozent Provision (plus Zahlungskosten).

Steady wird in erster Linie von Journalisten, Bloggern und Podcastern genutzt: die Krautreporter, detektor.fm, das Bildblog und Übermedien zählen zu den bekanntesten unter den knapp 400 Projekten. Die beiden Letztgenannten sind gute Beispiele für die zahlreichen Fachblogs, die auf Steady um die Unterstützung der Nutzer werben. Insofern ist Steady eine gute Wahl für Fachjournalisten. Lokalblogger wie die Prenzlauer Berg Nachrichten sind auf Steady ebenfalls stark vertreten. Es gibt aber auch viele nicht-journalistische Projekte wie die Fake-Jäger von Mimikama, das Portal für Informationsfreiheitsanfragen Frag den Staat oder den Aktivisten Raul Krauthausen, der sich für Inklusion einsetzt. Prinzipiell ist Steady für jeden offen, der ein Abonnement verkaufen will – solange er sich an die Community-Richtlinien hält. “Wir sind nicht als Zensor tätig”, sagt Gründer und Geschäftsführer Sebastian Esser.

2. Wie funktioniert es genau?

Steady ist ziemlich einfach zu handhaben. Mit wenigen Klicks lässt sich eine Kampagnenseite einrichten. Dort sollte man erläutern, wer man ist, warum man sein Projekt macht, wen man erreichen will und was bzw. wie viel Geld man dafür braucht. Steady empfiehlt, die eigene Kampagne mit einem Pitch-Video aufzuwerten.

Steady bietet den Publishern verschiedene Finanzierungsmodelle, die beliebig miteinander kombinierbar sind:

Erstens regelmäßige Zuwendungen, also das klassische Monats- oder Jahresabonnement.

Zweitens eine Art fortlaufendes Crowdfunding, bei dem man sich immer neue Finanzierungsziele setzen kann. Wenn eine bestimmte Summe erreicht ist, kann man das nächste Ziel ausgeben und sagen, was man mit dem weiteren Geld alles anstellen würde.

Drittens eine Paywall. Hierzu muss der Anbieter einen Steady-Code auf einer Website integrieren und kann dann selbst die Ausgestaltung bestimmen: Sollen alle oder nur bestimmte Artikel bzw. Beiträge etwas kosten? Kann der Nutzer die Paywall wegklicken (weiche Paywall) oder nicht (harte Paywall)? Für Seiten, die auch mit Anzeigen arbeiten, ist die Adwall gedacht. Diese erkennt, ob ein Nutzer einen Adblocker aktiviert hat, und fordert ihn auf, diesen zu deaktivieren, wenn er weiterlesen will. Das kennt man von bild.de.

3. Was bringt es den Publishern?

Alleine davon, dass man einen Steady-Account hat, wird noch niemand reich. Man muss auch die Werbetrommel dafür rühren – ein Punkt, in dem viele Publisher noch dazulernen können. “Journalisten müssen anfangen, den Vertrieb mitzudenken”, empfiehlt Sebastian Esser.

Jeder Fall ist anders, aber Sebastian Esser vermutet, dass etwa fünf Prozent der Nutzer eines Blogs oder Podcasts dazu bereit sind, regelmäßig zu zahlen. Auf Steady beträgt die durchschnittliche monatliche Unterstützung über alle Projekte gesehen fünf Euro. Er empfiehlt jedem Publisher, mit mehreren Tarifen zu arbeiten. Sehr häufig werden drei Pakete angeboten: ein Einsteiger-Tarif um die drei Euro, eine mittlere Variante von etwa fünf Euro und ein Premium-Angebot um die zehn Euro. Die genaue Preisgestaltung liegt vollkommen bei den Anbietern. Manche bieten als Highend-Version auch ein Sponsorenpaket an. Der Einstiegspreis sollte nicht zu niedrig angesetzt werden, sonst lohnt es sich nicht mehr. Bezahldienste wie Paypal verlangen für eine Transaktion mindestens 39 Cent, bei einem Einstiegspreis von zwei Euro wären das allein 18 Prozent an Transaktionskosten.

Bei vielen Projekten hat es sich bewährt, immer wieder neue Finanzierungsziele auszugeben. Der Bildblog hat zuerst 2.000 Euro monatlich zum Überleben gesammelt, mit 3.000 Euro wurden freie Mitarbeiter finanziert, mit 3.500 Euro gab es einen exklusiven Newsletter, gerade sind 4.200 Euro angepeilt: Dann wäre das Bildblog ganz werbefrei, ein komplett durch Leser finanziertes Projekt. Sebastian Esser nennt das “people powered media”; sein Ziel ist, dieses Prinzip in der Medienszene zu etablieren.

Neben der reinen Finanzierung geht es aber natürlich auch um eine emotionale Verbindung und einen direkten Kontakt zwischen Anbietern und Nutzern. Das zeigt sich unter anderem an den personalisierten Dankeschöns, die Publisher für besonders großzügige Unterstützer anbieten: Die Salonkolumnisten bieten jedem, der 80 Euro im Monat zahlt, ein graviertes Rotweinglas samt persönlicher Einladung zum Abendessen mit den Autoren.

Auf Steady gibt es vier verschiedene Möglichkeiten, die Autorenplattform "Salonkolumnisten" zu unterstützen.

Auf Steady gibt es vier verschiedene Möglichkeiten, die Autorenplattform “Salonkolumnisten” zu unterstützen.

Das Handling scheint die Kunden ebenfalls zu überzeugen: “Steady ist für uns unter den verschiedenen Kanälen der Hörerfinanzierung mit Abstand der am einfachsten zu handelnde. Denn Services wie automatisierte monatliche Abrechnungen oder die Möglichkeit, mit den Unterstützern direkt in Kontakt zu treten, sind hier sehr elegant gelöst”, sagt Christian Bollert, Geschäftsführer der Leipziger Onlineradio- und Podcast-Plattform detektor.fm. Auch Martin Giesler, Herausgeber des Social-Media-Watchblogs, findet, dass “die technische Umsetzung via Steady einwandfrei funktioniert”. Giesler ist überzeugt, dass sich sein Steady-Projekt doppelt lohnt, “hinsichtlich der Erfahrungen, die ich als unternehmerischer Journalist sammle, und perspektivisch auch finanziell.”

4. Wie viele Leute nutzen das?

Die Steady-Community umfasst mittlerweile knapp 21.000 Mitglieder. Dazu zählen knapp 400 Publisher, der Rest sind Unterstützer bzw. Abonnenten. 2017 haben sie für 300.000 Euro Umsatz gesorgt; Tendenz steigend, denn der monatliche Umsatz beträgt inzwischen schon rund 60.000 Euro.

Der Schwerpunkt liegt noch ganz klar im deutschsprachigen Raum. Vereinzelt gibt es aber auch Angebote aus den Niederlanden, Italien und dem englischsprachigen Raum. Von der Steady-Website gibt es neben der deutschen auch eine englische, französische, spanische, italienische, niederländische und sogar finnische Version. Eines der nächsten Ziele von Steady ist, auch in diesen Ländern auf den Markt zu kommen. Dazu benötigt man aber mehr Manpower für Vertrieb und Support – und dazu wäre eine neue Finanzspritze nötig.

5. Wer steckt dahinter?

Steady wurde 2016 von Sebastian Esser, Philipp Schwörbel, Gabriel Yoran und Dirk Holzapfel gegründet. Esser und Schwörbel sind in der Medienszene schon länger als Gründer bekannt: 2012 haben sie die Krautreporter gegründet, erst als reines Crowdfunding-Portal mit Fokus auf Journalismus. 2015 wandelten sie Krautreporter in ein mitgliederfinanziertes Onlinemagazin um. Zum Start sammelten sie per Crowdfunding 900.000 Euro ein; kurz danach stellten sie auf ein Abo-Modell um. Mittlerweile haben die Krautreporter 17.000 Mitglieder – und sind natürlich auch auf Steady zu finden.

Das Steady-Team (von links nach rechts): Manuel Kallenbach (VP Engineering), Thomas Weyres (VP Design & UX), Dirk Holzapfel (Founder, CTO), Sara Hesse (Art Director), Sebastian Esser (Founder, Managing Director Product), Judith Holzapfel (Administration), Gabriel Yoran (Founder, VP Marketing & Communications), Philipp Schwörbel (Founder, Managing Director Finance & Sales).

Das Steady-Team (von links nach rechts): Manuel Kallenbach (VP Engineering), Thomas Weyres (VP Design & UX), Dirk Holzapfel (Founder, CTO), Sara Hesse (Art Director), Sebastian Esser (Founder, Managing Director Product), Judith Holzapfel (Administration), Gabriel Yoran (Founder, VP Marketing & Communications), Philipp Schwörbel (Founder, Managing Director Finance & Sales).

Für die Gründung von Steady zogen Esser und Co. 350.000 Euro aus der Google Digital News Initiative an Land, womit ein Teil der Entwicklungskosten bezahlt wurde. Weiteres Kapital in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro kam durch Investments von Business Angels wie Spreadshirt-Gründer Matthias Spieß herein. Die Investoren erhalten dafür Anteile an der Steady Media UG (haftungsbeschränkt). Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) ist die kleinere Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), für die ein Startkapital von einem Euro (statt 25.000 wie bei der GmbH) reicht. UGs sind gerade bei Start-ups sehr beliebt.

Fazit

Steady scheint wirklich eine Marktlücke für die regelmäßige finanzielle Unterstützung von Medienschaffenden gefunden zu haben, wie die steigenden Publisher-Zahlen, darunter auch Netz-Prominenz wie Bildblog, Übermedien oder Postillion, zeigen. Nach wie vor gibt es kein vergleichbares Angebot. Die Publisher können dabei verschiedene Abo-Modelle ganz nach ihrem Bedarf kombinieren.

Alleine durch Steady wird niemand reich werden, aber die Plattform ist ein nützliches Werkzeug, um die Content-Einnahmen auf ein stabileres Fundament zu stellen. So werden selbstständige Medienmacher unabhängiger von Werbefinanzierung, was speziell für Journalisten wichtig ist.

Dieser Artikel erschien zuerst auf fachjournalist.de