Zum Inhalt springen

Journalismus&Netz im Juni: Google zahlt Verlage, junge Marken in der Krise, Rezo versus Zeitungen

Was es mit Googles neuer Zahlungsbereitschaft auf sich hat, was die Coronakrise für die Jugendangebote von Verlagen bedeutet und worüber sich Rezo mit der deutschen Zeitungslandschaft streitet.

Google schließt Lizenzverträge mit ausgewählten Verlagen

Erstmals in seiner Geschichte will Google mit Zeitungsverlagen Lizenzverträge abschließen und dafür zahlen, dass es journalistische Inhalte in seinen Diensten anzeigt. Wie viel Geld die Verlage für die Darstellung der Inhalte auf Google News und Google Discover bekommen werden, teilte Google nicht mit. Das Programm startet mit von Google ausgewählten Medien in Deutschland, Australien und Brasilien. Aus Deutschland nehmen die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), der Spiegel, Zeit Online, der Tagesspiegel und die Rheinische Post teil. Weitere Partner sollen folgen. Bislang hatte sich Google stets geweigert, Inhalte bei Zeitungsverlagen und anderen Medien einzukaufen, der Streit um das Leistungsschutzrecht schwelt seit Jahren.

Der Schritt wurde in der Medienszene zunächst als Abkehr des US-Konzerns von seiner bisherigen Blockadehaltung gegenüber einem Leistungsschutzrecht für Presseverlage interpretiert. Bei genauerem Hinsehen ist jedoch Skepsis angesagt: Es ist unklar, wer wann nach welchen Kriterien wofür wie viel Geld bekommt. Die Auswahl der Medien durch Google wirkt ebenfalls willkürlich. Joshua Benton sieht in dem Google-Angebot vor allem eine PR-Maßnahme: Damit wolle Google davon ablenken, dass es für die wirtschaftlichen Probleme der Verlage verantwortlich gemacht wird, schreibt er in seiner lesenswerten Analyse auf Niemanlab.org (in der Benton auch das Verhältnis von Facebook und Verlagen beleuchtet). 

Digital News Report: Coronavirus sorgt für Nachrichten-Boom

Google zählt auch zu den Sponsoren des Digital News Report 2020 (DNR) des Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford. Der DNR ist eine der weltweit am meisten beachteten Quellen, wenn es um Mediennutzung geht. Mitte Juni ist der DNR20 erschienen. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Die Nachrichtennutzung steigt – teils bedingt durch das Coronavirus – vor allem beim Fernsehen und bei Online-Medien.
  • Auch soziale Netzwerke und Messenger, insbesondere WhatsApp, verzeichnen wachsende Nutzerzahlen, wie es im Summary heißt.
  • Der News Report hat auch ein eigenes Kapitel für Deutschland: Hierzulande nimmt das Vertrauen in Medien insgesamt weiter ab, wenn auch nur um 2 Prozent.
  • Zu den vertrauenswürdigsten Medien zählen nach wie vor öffentlich-rechtliche Angebote wie die ARD Tagesschau oder ZDF Heute.
  • Die Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichten ist mit 10 Prozent weiterhin gering, ist aber leicht gestiegen.

Paid Content klappt am besten mit spitzen Produkten

Damit es nicht bei nur 10 Prozent Zahlungswilligen bleibt, hat Joachim Dreykluft, Online-Chefredakteur beim Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag und Leiter des HHLab „zehn Tipps, damit das mit dem Paid Content klappt“. Im Kern geht es darum, Produkte für ganz konkrete Zielgruppen zu entwickeln, diese Produkte kontinuierlich und gründlich zu messen. Und die Paywall soll hart sein, „richtig hart“, empfiehlt Dreykluft.

Auch von PUR-Abonnenten werden Nutzerdaten erhoben

Einige Verlage werben nach der Devise „Geld statt Daten“ für ein Abo. Die Idee: Wer ein kostenpflichtiges Abo abschließt, wird nicht mehr getracked und kann die Seite „praktisch werbefrei“ (Spiegel) lesen. Matthias Eberl hat sich für Netzpolitik.org dieses Versprechen von Spiegel, Zeit Online und dem österreichischen Standard angeschaut. Sein Befund: Nur bei den Wienern wird es tatsächlich eingehalten, Zeit Online und Spiegel liefern auch im PUR-Abo Nutzungsdaten unter anderem an Google. 

Rundfunkbeitrag: Wie die Verabschiedung des Staatsvertrags funktioniert

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ÖRR) finanzieren sich nicht über Abonnenments, sondern überwiegend über den Rundfunkbeitrag. Der soll nach einer Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) von 17,50 auf 18,36 Euro steigen. Auch die 16 Ministerpräsidenten und Regierungschefs der Länder haben zugestimmt. Das reicht aber noch nicht: damit die Beitragserhöhung tatsächlich in Kraft tritt, müssen alle 16 Landtage dem Rundfunkstaatsvertrag zustimmen, was vor allem in Sachsen-Anhalt problematisch werden könnte. In der SZ erklärt der Verfassungs- und Medienrechtler Dieter Dörr das komplizierte Verfahren hinter der Festsetzung des Rundfunkbeitrags.

Wie Funk seine Formate entwickelt

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine überdurchschnittlich alte Nutzerschaft, vor allem in seinen Fernsehprogrammen. Um auch jüngere Zielgruppen (wieder) für den ÖRR zu gewinnen, gibt es seit einigen Jahren das Content-Netzwerk Funk. Funk-Programmgeschäftsführerin Sophie Burkhardt erläutert auf journalist.de, wie Formatentwicklung für 14-29 Jährige funktioniert und was die Funk-Macher*Innen daraus für die Arbeit mit dem „normalen“ Publikum gelernt haben.

Junge Marken in der Krise

Die jungen Leute werden auch von fast alle großen Verlage mit eigenen für diese Zielgruppe konzipierten Portalen umworben. Allerdings ohne den gewünschten (monetären) Erfolg. Weil die Einnahmeausfälle durch die Coronakrise so groß sind, stellt der Spiegel seinen Jugend-Ableger Bento im September ein. Und auch Ze.tt, das Jugendangebot der Zeit, wird vom eigenen Portal zum Ressort bei Zeit-Online herabgestuft.

Wie die Natur bei der Verifikation helfen kann

Wenn Bilder oder Videos lokalisiert werden sollen, probieren es viele Journalisten zuerst mit Gebäuden, Schildern und Beschriftungen. Wie auch die Natur bei der Lokalisierung helfen kann, erläutert OSINT-Expertin Rae Baker auf Medium: Wo sind abgebildete Pflanzen heimisch, wann blühen sie, auf welcher Höhe verläuft die Waldgrenze, wie werden bestimmte Nutzpflanzen angebaut, wo leben bestimmte Tiere (und wo nicht), um nur ein paar Beispiele zu nennen, 

Google kennzeichnet fragwürdige Bilder

Google führt in seiner Bildersuche ein „Fact-Check-Label“ ein. Unter den gefundenen Bildern kann künftig der Hinweis „Fact Check“ angezeigt werden. Wenn man auf eines dieser Bilder klickt, bekommt man eine Zusammenfassung des Fact Checks angezeigt, wie Google am Beispiel des inzwischen berühmten Hais, der auf einer überschwemmten Straße schwimmt (nicht) demonstriert.

Googles Bilder-Fact-Check-Label kommt ziemlich unscheinbar daher. Das First Draft-Netzwerk empfiehlt hingegen in seinen 12 Tipps, wie Plattformen wie Facebook oder Twitter manipulierte oder gefälschte Inhalte am besten kennzeichnen sollten, solche Labels klar erkennbar zu gestalten, sowohl sprachlich als auch optisch.

Grimme Online Awards verliehen

Ende Juni sind die Grimme-Online-Awards verliehen worden. Alle Preisträger und die Jury-Begründungen dazu stehen auf der Grimme-Website. WDR-Digital-Experte Jörg Schieb hat einen Trend ausgemacht. Er findet, dass die nominierten und ausgezeichneten Angebote ernsthafter geworden sind.

Rezo battled sich mit den Zeitungen

In der Kategorie Spezial ist YouTuber Rezo für sein Video „Die Zerstörung der CDU“ ausgezeichnet worden, das 2019 ja für Furore sorgte. Vor kurzem hat Rezo ein neues Video veröffentlicht, in dem er die Arbeitsweise einiger Medien, vor allem von Zeitungen, angreift. So würden manche Medien „Techniken von Verschwörungstheorien“ anwenden, vereinzelt mit „Phantasiegeschichten Stimmung gegen ihre Feindbilder machen“, wieder andere sich „menschenfeindlich verhalten“. Starker Tobak, der natürlich nicht unkommentiert blieb.

So antwortete die FAZ mit einem Video, in dem sie sich zum Ziel setzte, Rezos „selbstverliebte pseudosachliche Stimmungsmache gründlich auseinanderzunehmen“, die Welt veröffentlichte einen Faktencheck zum Rezo-Video. Ralf Heimann zeichnet die Debatte im Altpapier nach. (Inzwischen hat Rezo in einem weiteren Video auf die Reaktionen zum „Zerstörung der Presse“-Video reagiert, was die FAZ mit einem weiteren Rückschlag bedacht hat).

Wie man als Radiojournalist aus dem Home Office arbeitet

Auch wenn die Corona-Beschränkungen nach und nach gelockert werden, sind noch viele Journalist*Innen dazu aufgerufen, von zuhause aus zu arbeiten. Wie und mit welchem Equipment das als Radio-Reporter geht, demonstriert Medienjournalist Daniel Bouhs in diesem YouTube Video.