Fake-News-Welle, Hochzeit für den Datenjournalismus, hohe Einschaltquoten für Medien: Nur drei Beispiele, wie das Coronavirus auch die Medienlandschaft dominiert hat.
Die März-Ausgabe des Journalismus&Netz-Rückblicks steht ganz im Zeichen des Coronavirus. Es gibt hier so viele Aspekte, die sich aber gut unterteilen lassen, dass ich mich für eine monothematische Ausgabe „Coronavirus und die Medien“ entschieden habe.
Coronavirus: Leider eine Hochzeit für Fake-News
Wie in jeder Krise haben während der weltweiten Verbreitung des Coronavirus – leider – auch Fake News zum Coronavirus Hochkonjunktur – aber auch journalistische Faktenchecks, die Gerüchte, Falschbehauptungen, Desinformation, Irreführung oder Alarmismus entlarven. Netzpolitik.org hat eine ganze Reihe von journalistischen Angeboten gesammelt, die Faktenchecks zum Coronavirus machen, auch das Faktenfuchs-Team von BR24 (für das ich auch arbeite) ist dabei erwähnt. Wer sich für eine weltweite Sammlung von Falschmeldungen zum Coronavirus interessiert, ist bei der Datenbank des Poynter-Instituts richtig.
Tipps, Tools, Anleitungen, Webinare für Journalisten, die über Corona-Fakes berichteten hat das Firstdraft-Netzwerk zusammengetragen.
Das deutsche Fakt-Checker-Team von Correctiv hat eine Seite aufgesetzt, auf der Netznutzer*innen der Redaktion Hinweise auf mögliche Corona-Fakes geben können, die die Redaktion dann checkt. Correctiv hat auch seine Faktenchecks zum Coronavirus auf einer Seite gesammelt.
Welche Auswirkungen das Coronavirus auf die Medienlandschaft hat
Das Coronavirus beschert den Medien hohes Nutzerinteresse, sei es online oder im Fernsehen. Der Mainzer Journalismus-Professor Tanjev Schultz sieht in der (Berichterstattung über die ) Corona-Krise eine große Chance für Medien, die so zeigen könnten, dass sie systemrelevant sind. Auch der NDR kommt zu dem Schluss, dass mit Corona die Stunde der Qualitätsmedien schlägt. Das NDR-Medienmagazin ZAPP widmete dem Journalismus in Zeiten von Corona kürzlich eine ganze Sendung. Bundesweite Bekanntheit erlangte der tägliche Corona-Podcast des NDR, in dem der Sender Christian Drosten, den Leiter der Virologie am Berliner Charité-Klinikum, interviewt.
Viele Medien verarbeiten die Unzahl der Corona-News in eigenen Tickern. Christian Lindner, der früher in den Chefredaktionen der Rhein-Zeitung und der Bild am Sonntag gearbeitet hat, gibt fünf Tipps, wie der optimale Corona-Ticker aussieht.
Eine Sternstunde des Datenjournalismus
Weil es bei der Verbreitung und den Opfern des Coronavirus viel um Zahlen geht, haben sich viele Datenjournalisten damit befasst. Der Tagesspiegel hat die besten Infografiken, Karten und Datenanalysen zum Coronavirus zusammengefasst. SZ-Datenjournalist Benedict Witzenberger hat in seinem Blog aufgeschrieben, warum die Arbeit mit den Corona-Zahlen zugleich reizvoll aber auch (methodisch) schwierig ist. Die Washington Post hat das Prinzip des „Social Distancing“, zu dem wir ja auch gerade aufgerufen sind, in einer animierten Simulation veranschaulicht. Die Datenstory „Why outbreaks like coronavirus spread exponentially, and how to ‘flatten the curve’” ist der bislang meistgeklickte in der Geschichte von washingtonpost.com. (Meine Kollegen von BR Data haben sich bei ihrer Simulation „Lieber auf Abstand“ davon inspirieren lassen).
Existenzielle Bedrohung für Medien und Journalisten
Auf der anderen Seite ist das Coronavirus nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine massive wirtschaftliche Bedrohung. Es steht zu befürchten, dass einige deutsche Medien und Journalisten wegen des Coronavirus vor dem Aus stehen. Übermedien hat aufgeschrieben, welche Finanzhilfen Freie Journalisten in der Corona-Krise beantragen können.
Corona verlagert einen Großteil der Arbeit ins Home Office
Seit Wochen gilt in Deutschland das Motto „Zuhause bleiben“. Nicht nur privat, sondern bei ganz vielen Menschen auch beruflich. Noch nie dürfte so viel von zuhause gearbeitet worden sein wie derzeit. Das gilt auch für Journalisten. T3N hat einen nützlichen Home-Office-Guide erstellt, die SZ hat Apps und Programme vor allem für Kommunikation und Lernen gesammelt, die gerade (=Stand 17. März) kostenlos sind.
Hochzeit für Bildungsangebote im Netz
Da wegen des Cornonavirus auch alle Schulen und Universitäten vorübergehend geschlossen worden sind, haben unter anderem eine Reihe öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten Bildungsangebote speziell für Schüler ins Netz gestellt, etwa der BR, der WDR oder das ZDF.
Thematisch viel breiter aufgestellt ist das kürzlich gestartete Online-College meiner Kollegen von Piqd, in dem Expert*innen aus den unterschiedlichsten Themengebieten vom bedingungslosen Grundeinkommen über Punk in der DDR bis zur Frage, wie Werbung auf Social Media funktioniert, in einstündigen Online-Session ihr Wissen mit interessierten Besuchern teilen – kostenlos.
Und wie kommen Journalisten, die in Ausbildung sind, an ihren Unterricht? Auch hier wird weitestgehend auf E-Learning umgestellt, was prinzipiell gut funktioniert, aber auch seine Nachteile hat, wie Christian Simon am Beispiel der Deutschen Journalistenschule erläutert.
Ich hoffe, dass in der April-Ausgabe des Journalismus&Netz-Rückblicks auch wieder Platz für Themen jenseits des Coronavirus ist.
Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Torial-Blog.