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Fotofilmen, tickern, aufdecken, gamen: Journo-Innovationen auf der rp15

Mobil Fotofilme machen, multimediale Live-Ticker arrangieren, Lobby-Einfluss aufdecken und der Geschichte spielend begegnen: Vier journalistische Innovationen von der re:publica 2015 im Kurzporträt.

Luminoise – die App für Fotofilme

Was es kann: Mit Luminoise kann man mobil Audioslideshows aufnehmen und editieren. Die App, vor allem für atmosphärischen Einsatz gedacht, nimmt eine Tonspur auf und bei jedem Klick ein Foto. Die Idee: Sich Zeit für die richtige Fotoeinstellung nehmen und nur die wirklich ausdrucksstarken Situationen mit einem Bild festhalten. Erfinderin Aleesa Savtchenko: „Beim Anschauen hat man Zeit, die Bilder wirken zu lassen. Der Ton macht die Bilder lebendig und zeigt einen Kontext, der einem sonst bei Bildern verborgen bleibt.“ In der App kann man dann die Fotos bearbeiten, verschieben und die Zeit, die sie angezeigt werden, anpassen. Im Gegensatz zu Audioslideshow-Tools wie Soundslides geht also Aufnahme von Ton und Bild sowie Produktion an einem Ort. Und so sieht ein „Lumi“ aus:
https://vimeo.com/113435148

Für wen es ist: Für alle, die Geschichten erzählen wollen: „ad-hoc, auf der Straße und in Echtzeit“, wie es Aleesa formuliert. Blogger sollen ebenso angesprochen werden wie Profi-Journalisten.

Da gibt’s das: Die Homepage stellt ein paar Beispiele vor, dort kann man sich auch für die Beta-Version der iPhone-App registrieren.

Storytile – der Multimedia-Live-Ticker

Was es kann: Im Gegensatz zu anderen Live-Ticker-Tools legt Storytile Wert auf selbst gemachte Fotos und Videos. Foto- und Videoreporter können ihre Kamera mit einem Smartphone verbinden und die Fotos bzw. Videos ins Storytile-CMS überspielen. Dort können die Redakteure diese Fotos und Videos per Drag-and-Drop in den Live-Ticker ziehen, der natürlich auch mit Text und Social-Media-Content gefüllt werden kann.

Storytile von den 1. Ma-Demos in Berlin: Eigene Fotos lassen sich großformatig einbinden

Storytile von den 1. Ma-Demos in Berlin: Eigene Fotos lassen sich großformatig einbinden

Für wen es ist: Storytile richtet sich in erster Linie an Nachrichtenagenturen, die große Events live covern. Für freie Journalisten ist Storytile wegen des eigenen Marktplatzes interessant: Man kann seine Bilder hochladen und anderen Storytile-Nutzern – wie etwa den Nachrichtenagenturen – verkaufen. Auch Firmen können Storytile für die Berichterstattung über eigene Events nutzen.

Da gibt’s das:  Die Bayerische Landeszentrale für Neue Medien (BLM) hat Storytile für einen Live-Ticker von der re:publica eingesetzt. Vor kurzem hat Storytile eine Betaphase gestartet, für die man einen Zugang beantragen kann.

Lobbyradar: Kampf den Interessenkonflikten

Was es kann: Lobbyradar ist ein Browser-Plugin, das für Personen- und Firmennamen auf der Website, die man gerade liest, eine Verknüpfung zur Lobbyradar-Datenbank herstellt. Die gefundenen Personen oder Organisationen werden markiert. Und wenn man mit der Maus über die Namen fährt, zeigt Lobbyradar, welchen Institutionen, Unternehmen, Aufsichtsräten, Vereinen etc. eine Person des öffentlichen Lebens angehört. Umgekehrt wird auch für Institutionen angezeigt, wer bei ihnen Mitglied ist.

Bei Bundestagsabgeordneten zeigt Lobbyradar auch Parteispenden und entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat an.

Bei Bundestagsabgeordneten zeigt Lobbyradar auch Parteispenden und entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat an.

Für wen es ist: Lobbyradar ist in erster Linie für Journalisten gedacht, die so auf einfache Weise Ansatzpunkte für mögliche Interessenkonflikte von Politikern oder Wirtschaftsvertretern entdecken können. Die Geschichte dazu müssen sie dann natürlich selbst recherchieren. Aber auch Otto Normalnetznutzer soll so sehen können, wie stark ein Politiker dem Einfluss von Lobbyisten ausgesetzt ist. Das Lobbyradar, eine Gemeinschaftsproduktion von ZDF, MIZ Babelsberg und Open Data City, will einen Beitrag zu mehr Transparenz im „Netzwerk der Macht“ leisten.

Da gibt’s das: Auf lobbyradar.de kann man sich das Plugin für Chrome, Firefox und Safari herunterladen. Dort gibt es auch ein Erklärvideo.

Let’s play… Geschichte

Was es kann: Ein Browsergame mit sechs Episoden von Hexenverbrennung über Pest bis zu Gastarbeitern. Der Nutzer steuert immer eine Figur, die eine bestimmte Aufgabe zu lösen hat: Eine Mutter ihr pestkrankes Kind retten, ein Priester eine Hexe vor dem Scheiterhaufen bewahren, eine Krankenschwester verletzte Soldaten des 1. Weltkrieges gesund pflegen. Der Spieler muss sich durch einige (mal lehrreiche, mal belehrende) Dialoge klicken, kann dann aber auch eigene Entscheidungen treffen und kann in jeder Episode Mini-Games lösen, etwa selbst eine Tinktur gegen die Pest zu mischen. Der SWR hat in Zusammenarbeit mit Intermedia-Design-Studenten von der Uni Trier ein „Empathy Game“ entwickelt: Es geht also darum, beim Spieler Emotionen auszulösen und ihm ein Bild vom steinigen Alltag früherer Jahrhunderte zu vermitteln.

Screenshot aus dem Online-Browser-Game des SWR zur Geschichte des Südwestens: Das Spiel lebt stark von Dialogen, die der Spieler mit den anderen Figuren führt. Hier als Priester mit der vom Tod bedrohten Hexe.

Screenshot aus dem Online-Browser-Game des SWR zur Geschichte des Südwestens: Das Spiel lebt stark von Dialogen, die der Spieler mit den anderen Figuren führt. Hier als Priester mit der vom Tod bedrohten Hexe.

Für wen es ist: Für junge Erwachsene, denen die Serie „Die Geschichte des Südwestens“ im Fernsehen zu viel oder zu trocken ist. Für die manchmal etwas lang geratenen Dialoge braucht man ein bisschen Geduld und grundsätzliches Geschichtsinteresse. Und natürlich Spaß am spielerischen Lernen.

Da gibt’s das: Noch nirgends, die TV-Serie startet im Herbst, dann wird das Spiel auf den SWR-Seiten zu finden sein und auch einen eigenen Namen haben. Wir halten Euch auf dem Laufenden.

Dieser Beitrag ist zuerst auf dem Torial-Blog erschienen.