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Süddeutsche.de-Redesign: Näher ans Mutterschiff

Neues Design von Süddeutsche.de nach dem Relaunch 2012

Neues Design von Süddeutsche.de

Zum dritten Mal innerhalb eines Jahres hat süddeutsche.de an seiner Homepage geschraubt: Durch die zeitungsähnliche Optik, das „ü“ in Logo und Domain, und die Integration von jetzt.de und SZ-Magazin in die Homepage ist die Gesamtmarke „Süddeutsche“ gestärkt. Zugleich schärft die Online-Redaktion mit ihren neuen Social Media-Angeboten, dem neuen interessanten Digitalblog und der stärkeren Betonung des Selbstverständnisses als Live-Medium ihr eigenes Profil.

Das Roll-Out der Änderungen kam peu a peu, jeder Schritt wurde aber in der Digitalwelt wahrgenommen: Daniel Fiene wies auf die neuen und sortierten Twitter-Accounts der Süddeutschen Zeitung hin, auch der Start des neuen SZ Digitalblogs machte flugs die Runde.  Am späten Vormittag des 2. Januar wurde dann klar, dass all das Teil eines umfangreicheren Redesigns ist, das sueddeutsche.de-Chefredakteur Stefan Plöchinger in seinem Artikel „Schöner, schlichter, besser“ vorstellte.

Erste, auffälligste Änderung: Statt sueddeutsche.de heißt das Logo nun „Süddeutsche.de“ und ist auch unter der Domain mit dem Umlaut zu erreichen. Das Logo ist von der Optik her stark an die Zeitung angelehnt (schon faz.net hatte das kürzlich so gemacht). Und auch bei Twitter gibt es jetzt den Account @SZ, was deutlich praktischer ist als @sueddeutschede. Im Zusammenspiel mit der im Oktober gestarteten iPad-App der SZ, die natürlich auch auf süddeutsche.de beworben wird, entsteht der Eindruck, die Marke „Süddeutsche Zeitung“ im digitalen Sektor gezielt zu stärken. Stefan Plöchinger beschreibt die Ziele der Markenführung in seiner Antwort auf eine onlinejournalismus.de-Anfrage so:

Ein Ziel war, die Online-Marke näher an Print zu bekommen – und sie generell höherwertig aufzuladen, durch eine schöne Optik, die die Zeitungsästhetik ins Netz übersetzt.

Andererseits ist ihm auch die Stärke des Online-Auftritts als Aktualitätsmedium wichtig, Plöchinger sieht die von ihm verantwortete Seite als

das minutenaktuelle Nachrichtenportal der SZ, das Sie immer auf den neuesten Stand bringt. Hier ist die Süddeutsche ein Livemedium, und Sie sehen das auf der neuen Homepage auch an einem Detail: Die Uhr in der Unterzeile tickt.

 

„Menschen klicken Geschichten an, nicht Logos“

Einen anderen Weg ging süddeutsche.de bei Redesign mit zwei weiteren SZ-Marken: Hatten jetzt.de und das SZ-Magazin bislang einen eigenen Ressortkasten auf der Homepage, werden die Geschichten daraus nun in den Ressorts ausgespielt, in die sie thematisch am besten passen:  Bei vielen jetzt.de-Artikeln ist das das Digital-Ressort, die Herkunft wird (zumindest bei Einzeilern im Ressortkasten) mit einem kleinen grauen „jetzt.de“-Etikett gekennzeichnet. Zu Beginn des unteren Drittels der Homepage gibt es in einem senfgelben Balken die mit der jeweiligen Homepage verlinkten Logos von jetzt.de und SZ-Magazin. Diese Einordnung erklärt Plöchinger damit, dass

Menschen Geschichten anklicken, nicht Logos. Die Erfahrung der ersten anderthalb Tage ist: Magazin und jetzt.de laufen besser als vorher – weil wir den Kollegen viel mehr Plätze gegeben haben als vorher und sie tiefer in die passenden thematischen Bereiche der Homepage eingewoben haben. Die beiden Logos sind im Übrigen prominenter herausgestellt als im alten Layout.

 

die Ressortkästen sind bei süddeutsche.de jetzt untereinander angeordnet, per Klick auf "mehr" lassen sich mehr Einzeiler anzeigen

Die Ressortkästen waren eine weitere Großbaustelle beim Redesign. Viele Leser hatten die „chaotische Anordnung“ der 23 Rubriken in zwei Spalten nebeneinander kritisiert. Das ist nun weitgehend korrigiert: Die meisten Ressorts werden nun untereinander in einer vergrößerten Content-Spalte angezeigt. Manche, etwa Kultur und Medien sowie Wissen und Gesundheit, teilen sich einen Kasten. Durchbrochen wird dieses Konzept an zwei Stellen. Die Rubriken Reise, Auto, Leben, Stil stehen weiterhin nebeneinander, „aus dramaturgischen Gründen – und weil diese Ressorts zusammen einen Tagesmagazin-Bereich bilden können, wie ihn kaum eine Nachrichtenseite in Deutschland hat“, wie Plöchinger sagt.

Auch die Ressorts München und Bayern stehen in einem großen mit blauem Balken versehenen Kasten nebeneinander. Das ist aber immer noch besser als die vier Kästen „München“, „Stadt Aktuell“, „München&Region“ sowie „Bayern“, die nach dem letzten der beiden 2011er-Rebrushs auf der Seite gestanden hatten. Diese Aufteilung hatte sich kaum jemandem erschlossen.

Letzte große Neuerung ist eine Renaissance der Blogs. Zweimal hatte es süddeutsche.de im letzten Jahrzehnt damit probiert, zuletzt mit einigen SZ-Redakteuren, so richtig abgehoben waren die süddeutschen Autorenblogs nie. Nun geht süddeutsche.de mit dem Digitalblog an den Start, das thematisch weit gefasst ist „zu Internetdebatten, Netzpolitik und Gadgets“, und von mehreren in Netzkultur profilierten Autoren wie zum Beispiel jetzt.de-Redaktionsleiter Dirk von Gehlen oder süddeutsche.de-Digital-Redakteur Johannes Kuhn geführt wird. Chefredakteur Plöchinger kündigt in seinem Artikel den Start weiterer Blogs an, will sich aber auch auf Nachfrage noch nicht in die Karten schauen lassen:

Wir sind überzeugt, dass das Konzept der Beat Blogs (mehr…) noch nicht ausgereizt ist. Das wollen wir in Deutschland entwickeln.

 

Kommentarfunktion weiter mit „Öffnungszeiten“

In eigener Sache hat süddeutsche.de mit dem Redesign das Redaktionsblog „SZBlog“ gestartet, „in dem wir Sie künftig über Neuigkeiten und Debatten in unserer Redaktion informieren“. Das darf als weiteres Zeichen zur Transparenz und einer gestärkten Diskussionskultur verstanden werden, die Plöchinger auch mit den SZ-Auftritten auf Twitter, Facebook und Google+ verfolgt. Auf diesen Kanälen sind die User aufgerufen, ihr Feedback zum Redesign abzugeben. Andererseits sind Kommentare zu Artikeln auf süddeutsche.de selbst weiterhin nur nach Anmeldung und vor allem nur von 8 bis 19 Uhr möglich – was erneut zu vielen enttäuschten Kommentaren unter Plöchingers Redesign-Artikel geführt hat. Das passt nicht zur Social Media-Offensive.
Redesigns sind immer Geschmackssache und rufen viel Kritik hervor. Ich persönlich finde ihn gelungen, die Seite wirkt noch einen Tick seriöser und gerade im Ressortbereich sehr viel aufgeräumter. Dadurch, dass die Ressortkästen nun untereinander stehen und die Aufmacher-Bilder (noch) größer geworden sind, ist die Seite noch länger geworden, aber das ist der Preis für mehr Akzentuierung.

Am cleversten finde ich die Modifikationen in der Markenführung: Durch die zeitungsähnliche Optik, das „ü“ in Logo und Domain, und die Integration von jetzt.de und SZ-Magazin in die Homepage ist die Gesamtmarke „Süddeutsche“ gestärkt. Zugleich schärft die Online-Redaktion mit ihren neuen Social Media-Angeboten, dem neuen interessanten Digitalblog und der stärkeren Betonung des Selbstverständnisses als Live-Medium ihr eigenes Profil. Ich bin gespannt, ob es den Münchnern mit dem neuen Gewand gelingt, ihren Online-Marktanteil weiter auszubauen.
Dieser Artikel ist ein Crosspost von Onlinejournalismus.de

Disclaimer: Ich war von 2001-2009 Redakteur bei sueddeutsche.de, bin inzwischen aber in keiner Weise mehr für die Redaktion tätig.